Grammatik der Gewalt
Heute küsst
man also die
Medien.
Betroffene
relativiert
öffentlich die
eigene Aussage
die Anschuldigung
es sei alles nicht so
tragisch, übersetzt
stimmt sich die
Öffentlichkeit auf ein
eigentlich wollte sie es auch
ein, es ist so ein schöner
mächtiger Mann, da kann
man wirklich nur froh sein
wenn man von so einem
geküsst (und auch mehr)
wird.
In der Presse kursiert
längst die Relativierung
der Tat als selbstgefällige
Demut des Mannes, der
männlichen Stimmen
und es sei eine Aufregung
die völlig unberechtigt sei
übersetzt heißt das
ich habe alles richtig gemacht
und ihr seid nur neidisch, dass
ich vorangegangen bin, ich
bin euer Held und ihr alle
wisst das, stellt euch nicht
so an.
Eine unwichtige Geste
der gegenseitigen Zuneigung
braucht keine Entschuldigung
es wird davon gesprochen
dass es sich um etwas
Natürliches, Normales handelt
das alle ‚hier‘ für gut befinden
was bedeutet, dass es eine
Parallelgesellschaft gibt
in der sexuelle Gewalt
als Qualität männlicher Dominanz
nicht nur toleriert, praktiziert
sondern gefeiert wird
für dieses Hinterzimmer spricht
man in der Presse, die Entschuldigung
alle feiern den Mann, der sich so reumütig
für seine Heldentat zum Opfer wandelt
und die Frau, das Schicksal, die Gewalt
eine alternative ›Männlichkeit‹ der
Anerkennung, des Respekts, eine
Begegnung auf Augenhöhe, darüber
wird nicht gesprochen, nicht über
den sportlichen Erfolg und nicht
darüber, dass wir Erfolgssysteme
und Leistungsprozesse dulden
die solche Männer nach
oben spülen und einige wenige
Frauen, die bei gleicher Eignung
schlimmstenfalls assimiliert werden
und eigene Opfer produzieren
…
ich schicke drei Küsse in die Luft
und frage mich wieso, wieso, wieso?