Am Urlaubsende (und danach)

Die Zeit geht zu schnell
vorbei, hier habe ich
damals das Fahrrad
fahren gelernt. Es war
sehr windig und die
Stützräder haben mich
nicht mehr vor dem
Umfallen geschützt
die Balance hat mir
der Deich vermittelt
als Möwen das sahen
erinnerten sie sich
an den ersten Flug
es kamen viele dazu
der Alltag macht das
alles beliebig, aber
es ist Großes erreicht
Erfolg zu akzeptieren
ist keine Eitelkeit, nur
Einbildung ist’s schon
der Hochmut hat mich
aus dem Dorf getrieben
heute komme ich zurück
alle erzählen Geschichten
meine passt nicht hierher
beliebig, und ich habe alles
gesehen, aber die Welt ist
zu groß für dieses Leben
der Menschen, die mich
in meiner Jugend noch
kannten, nun nicht mehr
der Getriebene hat das
Abenteuer gesucht und
den Tourismus gefunden
am Flughafen stehen wir
in selbstverordneten Schlangen die nicht enden und worüber regen wir uns eigentlich auf, wenn nicht über uns selbst und über unsere Abhängigkeit, wie schön kann Bali schon sein?

die Macht war nie mit mir
sie hat mich eher verführt
dann geleitet und heute
bin ich nirgendwo frei, nie
erkenne ich die Systeme
nicht, die Illusion, die man
uns verkauft als ein Rad
ohne Achse, gelenkt von
der unsichtbaren Suche
nach Glück, versprochen
war versprochen, ein
Verb sagt so viel über
die Vergangenheit aus
im Bälleparadies stirbt
heute ein amerikanischer
Traum vor schwedischem
Hotdog, die Vernichtung
der armen Säue geht zu
Ende, bald leben alle vegan
oder wir werden rechts von
der Ideologie überrollt, dann
zählt das Recht der Stärke
mehr noch als heute schon
die Radikalität bahnt sich
an, sie kommt nie plötzlich
Menschen bleiben sensibel
wenn wir schon nicht alles
durchschauen, bemerken
wir den Widerstand, gegen
den Wind fliegt es sich
besser als Möwen
vermutlich

jenseits der Zwischentöne
wittern sie die „Verschwörung“
das rufen längst solche, die
selbst die Augen verschließen
die Hoffnung haben, dass
zumindest der kleine Hort
der Freiheit, ihr Leben, noch
gut ist und bleibt, egal womit
die Menschen da draußen
struggeln, wenn ich Feierabend
habe, dann geht es uns gut
und der Liefermann bleibt
der Liefermann…

Wir wollen die Ohnmacht
nicht anerkennen oder noch
immer daran glauben, dass
Missbrauch ein exklusives
Problem der Katholiken ist
aber es geht um mehr als um
Sex bei fehlendem Konsens
die Perversion der Macht ist
nicht im Bordell zu Hause
sie wird von allen getragen
eine Frau wird gekündigt
nachdem sie schwanger
geworden ist und Chefs
haben Familien, Frauen
in Führungspositionen
haben sie nicht, keiner
setzt sich für etwas ein
alle fragen sich längst in der Küche wer wohl der Vater ist
jede Veränderung könnte
den Abstieg bedeuten
jede Kündigung schaltet
die Konkurrenz aus, es ist
wichtig, dass Menschen
im Team arbeiten, was
heißt, dass sie gefügig
für den Apparat sind, der
sich durch sie
ständig erneuert
denken an Ulbricht
denken an Eichmann
denken an …

Christliberale Neoaristokrat:innen
engagieren Ammen für kleines Geld
und für das Wohl der Familie
ist dort gesorgt, wo
Geld da ist, zumindest
glauben das Menschen
die entfremdet sind von
dem Gefühl der Umarmung
Wohlstandsverwahrlosung
ist ein Problem, das sich
in Führungspositionen zeigt
wenn Einsamkeit, fehlende
Liebe, die Unterdrückung
und Zwang zur leeren Ethik
des holen Europas verkommen

dort bin ich zu Hause, dort
komme ich her und hier fällt
mir noch immer nicht ein
warum sich seit den 1990er
Jahren der Fortschritt einfach
vergessen hat. Das Fahrrad
die Möwen und die Hoffnung
dass alles eine bessere Zukunft
werden wird, sie habe ich nicht
aufgegeben, aber es wird Zeit
Personal und Methoden zu
wechseln, nicht als rechte
Revolution, sondern als
humanistische Innovation
pragmatische Intervention
es steht nirgendwo, dass
ein Abstieg verboten ist
wenn der Wohlstand
gesichert ist.

Personensysteme gefallen
sich männlich, weiblich, egal
Hauptsache der Klüngel
funktioniert noch für
die eigenen Kinder
man kennt sich oder nicht
offiziell immer „nicht“
bei Herzstillstand ist
plötzlich niemand Arzt
aber alle sind ›Herr Doktor‹
ab wann gibt man der
Sache eine Lobby?

…die Demokratie braucht
ihre Menschen und die
brauchen Zeit, natürlich
auch Arbeit und Geld
aber dort, wo Lobbys
und Extreme regieren
wo Unternehmen und
Monopole diktieren, da
muss man kein Kommunist
sein, um das Spiel zu erkennen
und wenn der Staat endlich
seine Privilegienmaschinen
archiviert, dann ist echter
Verfassungspatriotismus
möglich. Demokratie
leben, heißt, sie zu gestalten
nach vorne und nicht zurück
christlich war gestern, der
Modus bis heute Copypaste;
wo ist die Strahlkraft der
Kulturnation – verloren
gegangen. Die Bauern
bestellen die Felder in
der Fabrik. Bald wird man
ihnen die Rentenkürzung
als Befreiung verkaufen
Diener und Funktionäre
ziehen sich zurück in
den Hintergrund und
müssen noch immer
nicht arbeiten, weil das
Erbe das für sie erledigt
wer arbeiten lässt, der
hat es geschafft
weiblich, männlich, divers
egal; Hauptsache: Jetset.


am Montag geht die Arbeit
wieder los, die Kinder gehen
wieder zur Schule und setzen
sich in die Klassenräume, dort
erzählt man etwas von Zukunft
und der Overheadprojektor
kommentiert surrend das
Aufstiegsversprechen als
Realität, als Phrase, Traum
der bleibt, was er ist: Eine
zynsische Parodie des
Lebens, das Menschen in
Armut verbringen, die sich
in der Sinnlosigkeit von drei
Jobs verlieren, die sich in der
Unterdrückung zurechtfinden
alles ertragen, alles; – alles
denen die Miete erhöht wird
Nahrungsmittel werden zum
Spekulationsobjekt, heute
morgen, wann kauft man
ein, wie kommt man durch
einer war in der Karibik
auch das ist möglich, wenn
man keine Kinder hat; am
Küchentisch sitzen zwei
Realtitäten von morgen
ihnen kommt alles wie
Latein vor, niemand
kann ihnen helfen und
sie sind trotzdem einfach
so glücklich in dem Leben
dass sich heute bietet, das
man akzeptiert, trotzdem
gestaltet und wenn man
am Freitag wieder zu
Hause ist, dann träumt
man davon, dass man
irgendwann im Urlaub
das Meer sehen wird
danach kann man den
Möwen in Köln davon
erzählen, wie schön es
ist, wenn man endlich
mal weggkommt. Die
Hoffnung ist nicht tot
sie ist Realität und sie
ist die Gefahr für die
die keine Antworten
finden, weil sie ihr Leben
mit Stützrädern fahren
Lobbyarbeit, das Bürgergeld
der Funktionärsgesellschaft
so mutig sind wir, die
Kinder der Reichen
Elite. Wir, sage ich
bewusst.

noch 3x schlafen