400+
Gestern habe ich die 400 geknackt. Fast unbemerkt. Nach einer anstrengenden Woche und einem wunderbaren Text – persönliche Sicht des Verfassers – in der letzten Woche fehlten etwas die Energie und die Ruhe.
Ich orientiere mich gerade zusätzlich in neuen Projekten, was Zeit frisst. Donnerstag kam das totale Down durch Kaffeeentzug. Das war krass, da ging kurz ganz, ganz wenig.
Gestern endlich ein paar neue Texte. Einige sind wieder sehr kritisch geworden, manche fangen so ein negatives Rauschen ein, das man im Alltag lieber ausblendet.
Positive Begegnungen halte ich viel lieber fest. Neulich an der Kasse bei Netto war so eine kurze Sequenz des Guten, die hat sich komplett eingebrannt in meinem Gedächtnis.
Über das Schreiben
In den letzten Tagen sind mir zwei Dinge noch einmal bewusst geworden.
Erstens ist das Schreiben für mich keine Option, sondern eine Tätigkeit, die zu meiner Persönlichkeit gehört. Das gilt auch für die Musik. Wenn ich nichts mache, dann schlägt das auf die Stimmung [sic!]. Wenn ich was mache, dann muss ich auf die Wechsel der Wirklichkeiten achten, denn manchmal bin ich noch im Text, und Menschen, die mir dann begegnen, sehen in mir nur den Autor oder den Künstler. Dann verwechseln wir uns beide als Menschen.
Zweitens ist Literatur nicht der Ort, der Wahrheit durch empirische Daten dokumentiert, sondern das Medium, das Wahrheit durch fiktionale und fiktive Momente autodiegetisch generiert. Das klingt sehr theoretisch, ist aber im Prinzip sehr einfach. Der Text ist seine eigene Realität und Teil dieser Welt. Einerseits schreibe ich, um Elemente und Strukturen zu erfassen. Andererseits drängt die Sprache in eine forschende Selbstbestimmung.
In jedem Fall sind nun eine ganze Menge kurze und längere Texte hier entstanden. Zuletzt habe ich manche im Dialog mit der KI geschrieben.
Insgesamt muss ich sagen, dass mich das Klackern der Tastatur glücklich macht. Die Literatur macht es auch, durch das Schreiben und die Menge der Texte gewinnt man seine eigene Stimme, und man findet Souveränität in der Sprache vermutlich am besten jenseits einer neoliberalen Öffentlichkeit und unabhängig von den Reaktionen eines erwartungsfrohen Publikums.
Radikalisierung im Internet
Gestern habe ich mal wieder einen Beitrag zur Radikalisierung im Internet gehört. Ähnlich wie bei Amokschützen in den USA wird auch in Deutschland, bei Anschlägen wie in Hanau, oft die systemische Gewalt gegen das Individuum ausgespielt oder relativiert. Dann heißt es, dass sich ein Täter online radikalisiert habe, er sei schizophren oder pathogen in der psychologischen Erscheinung etc.
Das ist zu einfach, klingt hilflos und naiv. Die Anmerkung eines Überlebenden trifft den Kern des Problems: Dort, wo ein Rechtsextremist einen Amoklauf verübt, der von einer Exekutive verhindert werden soll, in der wiederum in Teilen das gleiche Gedankengut vertreten ist, da gelangen wir zur Ursache und die ist im Zusammenhang zu suchen, nicht im Einzelfall.
Der Wahnsinn soll weggesperrt oder ausgeschlossen werden. In der Ohnmacht darf nicht sein, was ist. Der eigentliche aber Wahnsinn ist, dass ein rechtsextremer Täter eben nicht aus der Einsamkeit entsteht, sondern aus der Gesellschaft, die diese Tat möglich macht. Das macht den Schützen nicht weniger schuldig, aber es entlastet auch nicht vorschnell das Kollektiv.
Wenn wir wirklich etwas gegen Radikalisierung und Extremismus machen wollen, dann müssen wir als Gesellschaft insgesamt begreifen, dass wir keine Stellvertreterkriege auf den Rücken von Einzelnen austragen können.
Schluss
Noch eine Anmerkung in eigener Sache und zu meiner persönlichen Sicherheit:
Ich besitze keinen Waffenschein, nur einen Angelschein, den ich selten nutze. Ansonsten bin ich Pazifist und Demokrat mit romantischem Idealismus und aufgeklärter Ideologie.
Mein Ich ist ein glücklicher Mensch, der sich zum erweiterten Denken fähig fühlt. Als Literat treffe ich im Alltag öfter auf fragende Blicke, aber das zeigt nur, wie tragisch es um die Sprache und die Literatur beschaffen ist.