Brotgedicht
14. Juni 2017
Brotgedicht
Oder:
Keine toten Enten
mehr…
d.i. Keine moralische Erinnerung,
nur und doch
zum freien Grillen
im Schrebergarten verfasst.
Als ich klein war, sammelten wir das alte Brot in einem Beutel
– – – bis der voll war, dann gingen wir zum Teich
und fütterten die Enten.
(hier bitte geräuschlose
Abbildung von Enten vorstellen)
Heute esse ich das alte Brot selbst auf.1
Ich frage mich, ob ich eine Ente bin,
komme mir dafür aber zu groß vor.
Natürlich: die Enten kamen mir früher groß vor
weil ich noch klein war und ich bin immerhin so viel gewachsen,
dass sich die Enten relativiert haben;
-physisch-proportional.
(gilt übrigens
auch für das Brot!)
***
Aber sympathisch wie ich die Tierchen damals fand
finde ich mich auch und mehr noch als Brot fressende Ente,
weil das für deutlich mehr Humor spricht und Humor ist,
Wenn man Tragik kann und das klingt komisch, ist aber so.
[Hinweis]
An dieser Stelle darf gleichermaßen gelacht
und geweint werden. Bestenfalls gleichzeitig
und aus gutem Grund. Hoch leben die Enten!
[Ende]
Wenn ich das trockene Brot selber esse
brauche ich etwas, das ich früher nicht kannte – – –
-Geduld.
Denn:
egal wie viele Zähne man noch oder nicht mehr hat
trockenes Brot ist wirklich sehr hart.
Kein Wunder also, dass ich das Brot heute in eine Schüssel aus Wasser tauche, damit es weich wird. Die Schüssel ist quasi der Teich an dem ich sitze und mich füttere, weil ich Enten gerne mal etwas gönne. Und auch ich habe mir das trockene Brot redlich verdient, Ente die ich bin.
(An dieser Stelle Entengeräusch
mit Glasschüssel, Wasser ca. 1,3 cm
unter Rand gefüllt.
Sprecher hält ganzen Brotleib
– nur scheinbar eintunkend – darüber.
Es folgt keine Information, warum der
Brotleib weder geschnitten noch
angerührt ist. Er ist unversehrt zur
Starre gekommen – als
gäbe es den Hungrigen nicht.
Die Weichwerdung des Brotes dauert
schließlich sehr lange, Tunken wäre
ein kurzer Vorgang, doch der Prozess
Hier und Heute – Bedarf der…
Kondition.
Während des Sprechens:
Arme wechseln – sonst:
Enten-
Muskelkater)
Früher hat man mir gesagt, du musst das Brot brechen. In kleine Stücke – das ging sogar bei Trockenbrot, wenn es maschinell in Scheiben geschnitten war, sehr gut. Fast zu gut. Aber ich hab es vergessen! Man muss das Brot besser brechen, solange es frisch ist und gut bekömmlich. Dann schmeckt es. Alles ist dann intensiver – außer das Entenfüttern, aber für die Enten ist das Brot sowieso ungesund; sagte man mir (neuste Erkenntnis!).
[un-(nötiger) Abgesang:
Bestenfalls auf Entisch vortragen inkl.
flatterndem Geschnatter.
Während des Vortrags Brot ausspeien wie ein
Drache das Feuer! (Heureka, 2017)
[Folgendes Gleichzeitig]
Sprecher 1:
Schade eigentlich, wenn die Kinder heute keine Enten füttern, können sie später gar nicht denken, sie wären Enten, die sich etwas Gutes tun und aus Langeweile statt Not am trocken Brot lutschen.
Sprecher 2:
Es geht nichts über Enten, aber wenn man das Brot teilt mit den Jüngern, dann sind alle ganz satt und fressen sie nicht, die Enten vom Teich – gleich in die Friteuse.
Sprecher 3:
Halt endlich die Klappe.
Sprecher 4:
Genau, Du versaust mir den Abschuss!
[Gleichzeitig Ende]
***
Kurze Stille
***
Ende]